Bei der Extrusion von rotationssymmetrischen Halbzeuggeometrien (z.B. Rohren, Schläuchen, Ummantellungen, Blasfolien, Blasformen) können unterschiedliche Extrusionswerkzeugkonzepte eingesetzt werden. Typisch ist der Einsatz von Stegdornhaltern, Siebkorbwerkzeugen, Pinolenwerkzeugen (Herzkurve) aber auch der Einsatz von Wendelverteilern. Wendelverteiler sind preislich gesehen häufig die kostspieligste Variante. Aber lohnt sich eine Anschaffung wirklich?
Die Aufgabe eines Extrusionswerkzeuges ist es, die vom Extruder bereitgestellte Schmelze in die Produktform zu überführen. Bei rotationssymmetrischen Hohlkörpern wie den oben genannten Produktgeometrien kann dies nur erfolgen, wenn im Inneren des Werkzeuges ein geometrischer Körper vorhanden ist, den die Schmelze „umströmen“ kann. So bleibt der Kern des Produktes frei und es entsteht ein Hohlkörper.
Bei Extrusionswerkzeugen wird dieser von der Schmelze umströmte Körper als Dorn oder Pinole bezeichnet. Die Befestigung dieses Dorns im Strömungsvolumen der Schmelze geschieht beim Stegdornhalterwerkzeug über metallische Stege, daher der Name Stegdornhalter. In einem Siebkorbwerkzeug wird die Pinole über eine zu einem Sieb ausgearbeitete Fläche (z.B. zylindrische Flächen mit vielen Schmelzebohrungen – siebähnlich) realisiert. Das Herzkurvenwerkzeug oder auch Pinolenwerkzeug hingegen befestigt die Pinole zentral und lässt die Schmelze in einer Herzform seitlich eingespeist die Pinole umströmen. So hat jedes Werkzeug sowohl aus konstruktiver Sicht als auch aus verfahrenstechnischer Sicht unterschiedliche Besonderheiten.
Bei Wendelverteilern geschieht die Verteilung der Schmelze durch wendelförmige Nuten die in den Dorn hineingefräst sind und kontinuierlich in ihrer Tiefe abnehmen. Die Schmelze strömt somit eine gewisse Zeit primär durch die Wendel, tritt aber auch zunehmend aus der Wendel aus und strömt axial in Extrusionsrichtung durch einen äußeren Spalt. So kommt es zu einer kontinuierlichen Überlappung von unterschiedlichen Strömungsfronten wodurch der Wendelverteiler hinsichtlich seiner Verteilwirkung der Schmelze besondere Eigenschaften verliehen bekommt. (Eine tiefergehende Funktionsbeschreibung des Strömungsverhaltens in einem Wendelverteiler folgt an anderer Stelle.)
Die Zufuhr der Schmelze erfolgt dabei ausschließlich in die Wendeln und geschieht über einen dem Wendelverteiler vorgelagerten sogenannten „Primärverteiler“. Als Primärverteilung kommen 3 wesentliche Geometrien zum Einsatz, diese sind:
- Sternvorverteilung
- 2n-Verteilung oder Hirschgeweihverteiler
- Längenbalancierte Verteilung
- (kombinierte Verteilsysteme z.B. mit Kleiderbügelverteilern)
Bei der Sternvorverteilung (Abbildung links) wird die vom Extruder bereitgestellte Schmelzeströmung sternförmig aufgespalten und jede Wendelnut ist direkt mit einer Bohrung verbunden. Die Schmelze strömt durch diese Bohrungen auf direktem Wege in die Wendelnuten. Vorteile der Sternvorverteilung sind die einfache Fertigung sowie die kurzen Fließwege und kurzen Verweilzeiten der Schmelze. Nachteile sind, dass bei Coextrusionswerkzeugen die Fertigung komplex wird, da viele verschiedene Bohrungen notwendig sind und sich diese nicht kreuzen dürfen. Weitere Nachteile sind, dass kein freies Zentrum mehr existiert, was diese Verteilvariante für Ummantellungen ungeeignet werden lässt.
Eine alternative Möglichkeit zur Speisung der Wendelnuten erfolgt nach dem 2 hoch n Prinzip (Abbildung Mitte). Über dem Umfang eingefräste Schmelzekanäle teilen sich von 1 Kanal auf 2 Kanäle auf. Diese 2 Kanäle teilen sich jeweis erneut, so dass 4 Kanäle entstehen, dann 16 und so weiter (bis die Anzahl der Wendeln erreicht ist).
Dieses Verteilprinzip bietet den großen Vorteil, dass das Zentrum des Werkzeuges frei bleibt, so dass Medien dort hindurchgeführt werden können (z.B. Druckluft) oder auch Ummantellungen möglich werden (Kabel, Rohre, etc.). Nachteile sind beispielsweise die aufwändigere Fertigung sowie die längeren Fließwege und damit höhere Verweilzeiten (Spülzeiten). (siehe folgende Abbildung)
Längenbalancierte Verteilsysteme (rechts) können ebenfalls auf dem Umfang eines Zylinders eingefräst werden und bieten ähnliche Vorteile wie die 2 hoch n Verteiler. Das Funktionsprinzip dieser Vorverteilung wird an anderer Stelle noch einmal separat behandelt.
Wann sind Wendelverteiler wirklich empfehlenswert?
Aufgrund der speziellen Strömungssituation in einem Wendelverteiler bieten derartige Extrusionswerkzeuge insbesondere diese Vorzüge (bei korrekter Ausführung):
- Vermeidung der Ausbildung von Bindenähten
- sehr gute Wanddickenverteilung über dem Umfang
- moderate Druckverluste
Wendelverteiler bieten sich insbesondere dort an, wo hohe Anforderungen an die Produktqualität des Extrudatschlauches gestellt werden. Durch die Verteilung der Schmelze und die Kombination von unterschiedlichen Schmelzefronten ist eine nahezu vollständige Vermeidung von Fließ- oder Bindenähten im Produkt möglich. Solche Bindenähte entstehen primär dort, wo aufgespaltene Schmelzeströmungsfronten wieder zusammengeführt werden – was beispielsweise bei einem Stegdornhalter hinter jedem einzelnen Steg geschieht. An dieser Zusammenflussstelle liegen die Makromoleküle des Kunststoffes linear nebeneinander ohne dass die einzelnen Moleküle sich miteinander „verschlaufen“ können. Folglich entsteht eine mechanische Schwachstelle im Produkt die teilweise auch als optischer Defekt erkannt werden kann.
Ein weiterer Vorteil ist die Realisierbarkeit einer sehr gleichmäßigen Wanddickenverteilung durch eine sehr gleichmäßige Austrittgeschwindigkeit der Schmelze aus dem Werkzeug über den Spaltumfang. Dadurch lassen sich Dickstellen oder Dünnstellen im Produkt vermeiden, die ihrerseits wiederum zu weiteren Problemen, wie etwa Kolbenringen bei Folien führen können, siehe Abbildung.
Als weiterer Vorteil ist anzumerken, dass Wendelverteiler bei guter rheologischer Auslegung trotz einer sehr hohen Produktqualität dennoch moderate Druckverluste und kurze Spülzeiten erreichen können. Die Verweilzeiten der Schmelze sind zwar prinzipbedingt höher als bei anderen Werkzeugkonzepten wie den Stegdornhaltern oder den Siebkorbwerkzeugen, aber dennoch erfüllen Wendelverteiler diese Kriterien meist sehr gut. (Immerhin so gut, dass vereinzelt sogar thermisch sehr sensible Materialien wie PVC schon auf Wendelverteilern verarbeitet werden.)
Alles in allem gilt der Wendelverteiler heute als optimales Werkzeugkonzept, wenn sehr hohe Produktqualitäten gefordert werden. Als abschließenden Hinweis bleibt aber festzuhalten, dass letzlich das individuelle Design des Wendelverteilers darüber entscheidet ob die positive Wirkung erreicht werden kann.
Wenn Sie sich für Wendelverteiler interessieren, laden wir Sie herzlich zur Freischaltung für unseren kostenlosen Downloadbereich ein. Dort können Sie sich weitere Informationen zur Auslegung von Wendelverteilern herunterladen.
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